Europas Geschäft mit dem Plastikmüll

Die EU exportiert jährlich Millionen Tonnen Plastikabfall in Länder wie die Türkei, Malaysia und Indien – mit schwerwiegenden Folgen für Umwelt und Gesundheit. Der Artikel zeigt, wie Greenwashing, schwache Kontrollen und ein ungerechtes System den globalen Müllhandel bestimmen.
Dieser Artikel wurde von Philip Gaude und Victoria Jensen im Rahmen des Projekts Newsroom Europe verfasst. Die Autor:innen setzen sich im Rahmen dieses Projekts mit aktuellen europäischen Themen auseinander. In trinationale Redaktionsteams eingebunden, berichten sie kritisch und konstruktiv über politische Entwicklungen und europäische Entscheidungsprozesse – in diesem Fall über die Abfallpolitik der EU und die ökologischen, sozialen und ethischen Fragen rund um den Export von Plastikmüll.
Die Europäische Union sieht sich gern als Vorreiterin im Umweltschutz. Doch ein genauer Blick auf den Umgang mit Plastikmüll offenbart eine andere Realität: Jährlich werden Millionen Tonnen Abfall aus Europa in Länder exportiert, die oft weder die Infrastruktur noch die Ressourcen haben, um ihn umweltgerecht zu verarbeiten. Besonders betroffen sind die Türkei sowie Länder in Südostasien wie Malaysia, Vietnam und Indien.
Seitdem China 2018 ein Importverbot für Müll erlassen hat, ist die Türkei zum größten Abnehmer europäischen Abfalls geworden. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Vorteile für Exportunternehmen, sondern auch um ökologische Verantwortung – oder deren Mangel. Die massiven Umwelt- und Gesundheitsbelastungen vor Ort haben bereits zu dem Vorwurf des „Müllkolonialismus“ geführt.
Plastik ist dabei nicht nur ein Symbol der Konsumgesellschaft, sondern auch ein Stoff mit weitreichenden globalen Folgen. Nur etwa 9 % des weltweit produzierten Plastiks werden tatsächlich recycelt – der Rest wird verbrannt, deponiert oder landet in der Umwelt. Die Rolle Europas in diesem Kreislauf ist ambivalent: Einerseits gibt es ambitionierte Recyclingziele, andererseits werden durch Schlupflöcher wie die Umdeklarierung als „End-of-Waste“-Materialien große Mengen weiterhin ins Ausland verschifft.
Doch es gibt auch Hoffnung. Neue EU-Verordnungen sollen den Export von Kunststoffabfällen in Nicht-OECD-Länder bis 2026 vollständig beenden und strengere Regeln für OECD-Länder wie die Türkei einführen. Diese Maßnahmen sind Teil einer langfristigen Strategie zur Förderung einer echten Kreislaufwirtschaft – in der weniger Abfall entsteht und mehr recycelt wird.
Trotzdem bleiben Herausforderungen: Die europäische Recyclinginfrastruktur muss massiv ausgebaut werden. Unternehmen müssen Produkte entwickeln, die leichter wiederverwertbar sind. Und die politische Kontrolle über die Abfallströme muss verbessert werden, um illegale Exporte und Greenwashing zu verhindern.
Dieser Artikel zeigt: Europas Müllpolitik hat globale Auswirkungen. Was wir in unsere Tonne werfen, landet nicht selten tausende Kilometer entfernt – mit Folgen für Mensch und Umwelt. Eine nachhaltige Lösung erfordert nicht nur neue Regeln, sondern auch ein grundsätzliches Umdenken im Umgang mit Ressourcen.
Hier geht es zum gesamten Artikel.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Projekts Newsroom Europe 2025 und wurde von den Teilnehmenden des Projekts verfasst. Newsroom Europe ist ein Projekt der Europäischen Akademie Berlin.
Mit freundlicher Unterstützung der Europäischen Union durch Projektmittel im Rahmen von CERV – Citizens, Equality, Rights and Values.