Lesung: "Der weiße Gesang" - Die mutigen Frauen der belarussischen Revolution

Der weiße Gesang

Im Rahmen einer Autorenlesung sprach Dorota Danielewicz mit Wolha Kawalkowa, einer der Heldinnen ihres Romans „Der weiße Gesang“, welches Ende Mai 2022 im Europaverlag erschien. Das Thema: Wie mutige und entschlossene Frauen nach der Präsidentschaftswahl 2020 in Belarus für ihre Rechte und die Demokratie kämpfen.

Mit dem Sieg Svetlana Tichanovskajas und den nachfolgenden Versuchen den Wahlsieg zu vertuschen, brach ein Sturm von Protesten los, den besonders Frauen anführten. Trotz friedlichen Demonstrationen wurden viele Teilnehmerinnen verhaftet oder ins Exil verstoßen.

Für solche Bewegungen ist es üblich, dass die Menschen zu einer Masse werden, eine anonyme gesichtslose Menge. Aber diese Frauen erhalten in Danielewiczs Buch nicht nur ein Gesicht, sondern auch Namen. Dabei geht es nicht nur um eine historische Abhandlung über die Ereignisse, sondern um Stimmen, die für Gerechtigkeit kämpfen. Nicht umsonst ist der Titel „Der weiße Gesang“, bei dem es sich ursprünglich um eine volkstümliche Gesangstechnik handelt, bei der mit Schreien eine Melodie erzeugt wird. Passender könnte der Name wohl kaum sein, gibt er dem Gefühl der Ungerechtigkeit hier ein Medium.

Um diese Stimmen zu hören und einen kleinen Beitrag zum Kampf gegen das autokratische System Lukaschenkos zu leisten, fand die Lesung am 15.09. bei uns in der Europäischen Akademie Berlin statt. Den Eindruck, den dies bei den Zuschauern hinterließ, hat unsere Praktikantin Katarzyna Kuglarz für uns eingefangen. (Siehe unten und als PDF-Download verfügbar.)


Was können wir von den belarussischen Frauen lernen?

Katarzyna Kuglarz

Die Gäste trudeln langsam ein, ich laufe zwischen der Tür der Europäischen Akademie Berlin und dem Tagungsraum hin und her. Eine Frau in einem eleganten magentafarbenen Hemd geht unauffällig an mir vorbei. Sie nimmt an dem großen Tisch Platz, ich reiche ihr Kamillentee.

Licht an, wegweisende Grußworte von Weronika Priesmeyer-Tkocz im Namen der EAB und der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Berlin, weiter solidarisch von Miriam Kosmehl von der Deutsch-Belarussischen Gesellschaft. Die Veranstaltung wird eröffnet:

Der Weiße Gesang – Lesung und Besprechung des Buches der deutsch-polnischen Schriftstellerin Dorota Danielewicz über 12 mutige Frauen im Kampf gegen das Regime in Belarus.

Doch meine Augen sind auf die Frau im magentafarbenen Hemd gerichtet – Wolha Kawalkowa. Eine Anwältin, eine Frau, die sich gegen das Regime in ihrer Heimat gewehrt und unzählige Menschen vor den Schüssen der Polizei gerettet hat, indem sie sie zu friedlichen Protesten überredete.

Jedes Mal, wenn ihre starke, entschlossene und doch ruhige Stimme gedolmetscht wird, setze ich meine Kopfhörer auf.

Martin Jankowski, Autor und Kurator, moderiert die Diskussion. Er fragt Wolha nach ihren Erfahrungen im Kampf gegen das Regime in Belarus, nach ihrer Zeit im Gefängnis, nach den belarussischen Frauen und Männer, die dem Regime Widerstand leisten, nach dem Gefühl, aus ihrem Heimatland vertrieben worden zu sein, nach ihrem Leben jetzt in Polen, wo sie im Exil lebt.

Ich wollte fragen: Was können wir von den belarussischen Frauen hier, in Deutschland, in Polen, in Europa lernen?

Die Antwort finde ich in den letzten Worten von Wolha, dass wir uns als Individuen entwickeln müssen, wachsen, uns bilden. Jede und jeder von uns. Und wenn wir uns persönlich entwickeln, können wir als Gesellschaft ein gemeinsames Bewusstsein für Werte, Freiheit und Menschenrechte schaffen.

„Mensch bleiben. (…) und alles andere wird gut“.

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